… oder „Dresden im Wandel“, leider nicht immer zum Besseren.
So stießen wir im Laufe einer Recherchearbeit auf eine alte Aufnahme aus dem „Heiligen Born“ (Stadtteil Dresden Leubnitz-Neuostra), wo sich einst der rote Mohn harmonisch mit dem Korn das Feld teilte. Sinnbild einer intakten Natur – Realität, dass die Ernte mit Beikräutern bis zu 20% niedriger ausfällt*. Aber wir brauchen die 20%, damit wir täglich 20% unsere Backwaren entsorgen können.
Leider ist die heutige Agrarkultur nicht mehr auf Nachhaltigkeit und Umweltbewusstsein ausgerichtet. Die Vier-Felder-Wirtschaft, wie wir sie noch im Heimatkundeunterricht beigebracht bekamen, ist längst dem Zwei-Jahres-Rhythmus und dem Einsatz des Totalherbizids Glyphosat gewichen, mit Folgen für das gesamte umliegende Ökosystem und auch für unsere Kinder.
Am deutlichsten können die Auswirkungen in und an den ganzjährigen Wasseransammlungen am Leubnitzbach beobachtet werden. An jenen Wasserbecken, an denen vor kurzem noch ein Schild „Naturschutzgebiet“ stand, sucht man Insektenlarven, Reptilien und Amphibien heutzutage vergebens. Es sind dieselben Wasserbecken welche unterhalb, umringt von Kleingärten, die Brunnenquelle zum Heiligen Born speisen. Der Brunnenquelle, welche ein Sammelpunkt und Erholungsort für die Kinder der benachbarten Schule und ein Treffpunkt vieler Tagesmütter ist.
Aber auch Auswirkungen, welche wir nur indirekt wahrnehmen, müssen erwähnt werden. Indem wir 20% mehr Getreide ernten, zerstören wir die Lebensgrundlage für Individualisten, wie zum Beispiel die Mohn-Mauerbiene (Hoplitis papaveris), eine Solitärbiene welche einst in Deutschland weit verbreitet war und heutzutage fast nur noch auf der der roten Liste zu finden ist. Diese Biene, welche u. a. in Lehmmauern lebt und ihre Bruthöhle mit Mohnblättern ausgleitet und mit dem Pollen der Mohnblume ihre Jungen ernährt, ist mittlerweile fast gänzlich um Ihre Nahrungsgrundlage beraubt worden. Auch andere Bienenarten, welche durch den Mohn als Sommertracht profitierten, befinden sich auf dem Rückzug und stehen somit im Frühjahr für die Obstbaumbestäubung nicht mehr zur Verfügung.
Und das alles für 20 % mehr Getreide; für bis 19 Uhr gefüllte Backwarenregale. Für all das verzichten wir auf eine unbedingt notwendige Artenvielfalt und auf sauberes Grundwasser. Es besteht Handlungsbedarf – von uns allen!
Es wäre an der Zeit, dass auf der Mehltüte nicht extra „Bio“ stehen muss, um zu zeigen, dass die Herstellung Standards entspricht, die eigentlich normal sein sollten. Sollte nicht auf Produkten aus konventionellem Getreideanbau stehen „Toxisch für Sie und für ihre Umwelt“? Zigarettenpackungen sind ein schönes Beispiel für einen ehrlichen Umgang mit den Schattenseiten des Konsums. Autor: Thomas Mai
Das Mohnfeld (Gustav Falke, 1853-1916)
Es war einmal, ich weiß nicht wann
Und weiß nicht wo. Vielleicht ein Traum.
Ich trat aus einem schwarzen Tann
An einen stillen Wiesensaum.
Und auf der stillen Wiese stand
Rings Mohn bei Mohn und unbewegt,
Und war bis an den fernsten Rand
Der rote Teppich hingelegt. …
Wenn im Sommer der rote Mohn (Otto Bierbaum, 1865-1910)
Wenn im Sommer der rote Mohn
wieder glüht im gelben Korn,
wenn des Finken süßer Ton
wieder lockt im Hagedorn, …